Glasapparatebauer bereits in das offizielle Novellierungsverfahren gestartet.
Man kann es wenden und drehen wie man will, die Duale-Ausbildung ist und bleibt der Grundstein für die Sicherung der so dringend benötigten Fachkräfte im Handwerk. Dies sieht der Präsident des Zentralverbandes des Handwerks (ZDH), Hans-Peter Wollseifer, genauso. Wollseifer: „Ausbildung ist und bleibt die unabdingbare Voraussetzung, damit wir ausreichend qualifizierte Fachkräfte für die anstehenden Zukunftsaufgaben und damit für die Standortsicherung Deutschlands haben. Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum, starke Regionen, soziale Sicherung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit benennen die in den kommenden Jahren zu bestellenden Zukunftsfelder, auf denen wir nur vorankommen werden, wenn beruflich ausgebildete Menschen diese Zukunftsthemen in der Praxis umsetzen. Nur mit einem soliden Fundament aus qualifizierten Fachkräften werden der Standort Deutschland und das deutsche Handwerk eine Zukunft haben.“
Zwar hat die Corona-Pandemie auch in der Berufsbildung tiefe Spuren hinterlassen, die sich erst jetzt langsam wieder füllen, doch an der Stellung der Dualen-Berufsbildung ändert dies nichts. Zwischen Januar und September 2021 wurden in den Lehrlingsrollen der Handwerkskammern 127.015 Ausbildungsverträge neu erfasst. Das sind 3.385 mehr als im Vorjahreszeitraum (+2,7 %).
So gesehen, scheint sich die Lücke zum Vor-Corona-Jahr – absolut betrachtet – zu verfestigen. Die Zahl, der aus den Handwerkskammern gemeldeten offenen Ausbildungsstellen, liegt mit 23.926 in etwa so hoch wie im September des Vorjahres. Allerdings ist es für eine abschließende Gesamtbilanz noch zu früh. Derzeit befinden sich 1.020 junge Menschen im Glaserhandwerk in der Ausbildung. Nein, nicht etwa im ersten Lehrjahr – so war es früher einmal – sondern über alle drei Lehrjahre betrachtet. Damit wird sich der Fachkräftemangel im Glaserhandwerk in den nächsten Jahren weiter extrem verschärfen, wenn jetzt nicht unmittelbar gegengesteuert, das Glaserhandwerk in Sachen Ausbildung verstärkt aktiv wird.
In diesem Zusammenhang ruhen natürlich auch die Hoffnung auf den neuen Berufsbildern Glaser, Glasveredler und Glasapparatebauer.
„NUR MIT EINEM SOLIDEN FUNDAMENT AUS QUALIFIZIERTEN FACHKRÄFTEN WIRD DER STANDORT DEUTSCHLAND UND DAS DEUTSCHE HANDWERK EINE ZUKUNFT HABEN.“
Hans-Peter-Wollseifer – Präsident des Zentralverbandes des Handwerks (ZDH)
Was den Glasapparatebauer angeht, befindet der sich bereits auf der „Zielgeraden“. Das Neuordnungsverfahren ist angelaufen, alle Experten der daran beteiligten Sozialpartner, alle Fachleute und wissenschaftlichen Mitarbeiter sind zwischenzeitlich berufen. Am 9. März 2022 traf man sich per Videokonferenz zur konstituierenden Sitzung. Es ist davon auszugehen, dass die Arbeiten am „Neuen Berufsbild“ noch dieses Jahr abgeschlossen werden können.
Fahrt nimmt auch das Novellierungsverfahren bei den Glasern und Glasveredlern auf, welches am 13. Oktober 2021 in Hadamar fortgeschrieben wurde. Nach fast zwei Jahren haben in den Räumlichkeiten des Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks die Berufsbildungsexperten wieder ihre Arbeit aufgenommen und dort angeknüpft, was bereits vor der Pandemie erarbeitet wurde. Dennoch standen die Vorzeichen fast auf Neuanfang, denn zwischenzeitlich hatte es doch einige Änderungen gegeben, die eine Anpassung notwendig machten. Was ehemals als Glaserberufsbild mit 4 Fachrichtungen angedacht war, wurde jetzt umgeschrieben. Ausschlaggebend dafür: Die Rückvermeisterung des Glasveredlers aufgrund der erfolgsgekrönten Initiativen des Bundesinnungsverbandes. Damit war klar, dass der Glasveredler als Anlage- A-Beruf – mit erforderlicher Meisterqualifikation – auf neue Füße gestellt werden muss. Somit wird der Glasveredler zukünftig als eigenständiger Beruf ins Rennen gehen. Doch das sollte dem Glaser keinen Abbruch tun, immerhin wird er sich in Zukunft noch mit den Fachrichtungen Glasstatik, Fenster/Türen/Glasfassaden und Spezialverglasungen präsentieren. Neues gab es aber nicht nur bei den inhaltlichen Ausrichtungen des Glasers und Glasveredlers, sondern auch in der Besetzung des Expertengremiums. Erstmal mit dabei, Glasermeister Klaus Bartels aus Hamburg und Prof. Dr. h.c. Klaus Layer. Mit Layer konnte der Bundesinnungsverband einen allseits anerkannten Fachmann auf den Gebieten des Fenster-, Türen- und Fassadenbaus gewinnen. Schnell zeigte sich, dass dies gerade für die Bereiche des Fenster-, Türen- und Glasfassadenbaus einen echten Mehrwert darstellt. Aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung im Glaserhandwerk – unter anderem im Landesinnungsverband Baden-Württemberg und als Glaser-Sachverständiger – setzte er nicht nur vielfältige neue Impulse, sondern stand am Ende auch für eine erhebliche Aufwertung und Ausweitung der Fachrichtung Fenster/Türen/Glasfassaden des Glasers.
Auf der Agenda der Experten stand auch die gestufte Ausbildung. Was in der Ausbildung in der Bauwirtschaft bereits seit einigen Jahren erfolgreich praktiziert wird, wurde inzwischen auch in anderen Ausbildungsberufen eingeführt: die gestufte Ausbildung.
Nach 24 Monaten kann man – wenn die Schwerpunkte der beruflichen Grundund Fachausbildung vermittelt sind – in der ersten von zwei Stufen bereits einen qualifizierten Berufs-Abschluss erlangen.
An die erste Stufe anschließend, können die Auszubildenden in einer zweiten Stufe (Dauer: 12–18 Monate, d. h. 3. bzw. 4. Ausbildungsjahr) in einem darauf aufbauenden Beruf die Ausbildung fortführen, die dann mit der Gesellenprüfung abgeschlossen wird. Ein Ausbildungsmodell, für das sich Glaser bereits vor Jahren stark gemacht haben und in dem man heute mehr denn je ein Erfolgsmodell auch für das Glaserhandwerk sieht.
„DER FACHKRÄFTEMANGEL IM GLASERHANDWERK WIRD SICH IN DEN NÄCHSTEN JAHREN WEITER EXTREM VERSCHÄRFEN, WENN JETZT NICHT UNMITTELBAR GEGENGESTEUERT, DAS GLASERHANDWERK IN SACHEN AUSBILDUNG VERSTÄRKT AKTIV WIRD.“
Dipl.-Ing. Stefan Kieckhöfel – Hauptgeschäftsführer des Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks
Dipl.-Ing. Stefan Kieckhöfel, Hauptgeschäftsführer des Bundesinnungsverbandes: „Damit hätten wir im Glaserhandwerk die einmalige Chance, nicht nur dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sondern könnten auch den geänderten Anforderungen in der Praxis und den Anforderungen aus der Zukunft mehr als gerecht werden.“ Und der Hauptgeschäftsführer weiß, wovon er spricht, ist er doch seit 29 Jahren in der Welt der Glaserberufe zu Hause, hat bereits einige Novellierungsverfahren mitgemacht und gemeinsam mit der Fachgruppe Glasveredler den Glasveredler zurück in die Anlage A der HWO geführt. Kieckhöfel sieht in der gestuften Ausbildung eine gute Möglichkeit, die angehenden Gesellen, die am Ende die Abschlussprüfung nicht bestanden haben, weiter im Glaserhandwerk zu behalten, bevor sie unwiderruflich für das Handwerk verloren gehen. Kieckhöfel: „Besonders vorteilhaft könnte die gestufte Ausbildung auch für Auszubildende im Glaserhandwerk sein, die die Abschluss-/Gesellenprüfung nach drei Jahren (2. Stufe) nicht bestehen. Sie können trotz Nicht-Bestehens der Gesellenprüfung unter bestimmten Voraussetzungen den Facharbeiterabschluss der ersten Stufe und damit einen anerkannten Berufsabschluss erreichen.“ Ein Argument, was sicherlich bei den anstehenden Novellierungsverfahren wert ist, diskutiert zu werden.
Zwischenzeitlich wurden seitens des Bundesinnungsverbandes des Glaserhandwerks die Eckwerte und Begründungen für die Neuordnung Glaser und Glasveredler beim Zentralverband des Handwerks (ZDH) eingereicht. Am 15. März 2022 trafen sich die „Bildungsexperten des Bundesinnungsverbandes“ erneut, um letzte Feinkorrekturen an dem Berufsbild des Glasers – gemeinsam mit einer Vertreterin des Zentralverbandes des Handwerks (ZDH) – vorzunehmen. Jetzt sollte dem Start dieses Novellierungsverfahrens nichts mehr im Wege stehen. Kieckhöfel: „Unser Ziel ist es, noch 2022 die Novellierungsarbeiten für den Glaser abgeschlossen zu haben. Dies setzt jedoch voraus, dass in dem vorgeschalteten Umlaufverfahren bei den tangierenden Handwerksberufen keine wesentlichen Einsprüche kommen, die es dann gilt, aus dem Weg zu räumen.“
Parallel zu dem Glaser wird die Neuordnung des Glasveredlers fortgeschrieben. Immerhin besteht zwischen dem Glaser und dem Glasveredler eine Verwandtschaftserklärung, was die Arbeit beschleunigen sollte.